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Board Anfänger und Hilfe
Re: Anfängerfragen zum "philosophischen" Hintergrund
by
qwk
on 07/03/2016, 11:55:25 UTC
Und dann gibt es da noch die große Masse Nutzer, denen es völlig egal ist, wie das Spiel funktioniert. Sie benutzen die Coins einfach nur wie jedes andere Geld.
Das war und ist eigentlich meine Ausgangsfrage. Wie kommen diese Menschen je ins Spiel? Dazu muss Bitcoin schon irgendwie gut lanciert sein und diesen Leuten irgendein Heil (grosse Spekulationsgewinne) versprechen.
Aber wie kommen am Anfang Leute dazu, da mitzumachen?
Und weshalb vertrauen plötzlich Massen, dass mit diesem Geld Geld gemacht werden kann?
2009/2010:
Den ersten Nutzern dürfte Bitcoin in erster Linie "Unterhaltung" gebracht haben.
Damals, vor langer langer Zeit, als man mit seinem privaten Notebook noch Tausende Bitcoins minen konnte, hat man an dem System aus Spaß und akademischem Interesse teilgenommen.

2010:
Die zweite Welle der Nutzer waren dann überwiegend schon frühe "Spekulanten", denen sehr wohl bewusst war, dass sie für den Fall, dass Bitcoin ein Erfolg wird, eine erhebliche Belohnung ernten würden. Wohlwissend, dass die Wahrscheinlichkeit eines Totalverlusts sehr hoch war.

Anfang 2011:
Echte ideologische Nutzer von Bitcoin erkenne ich persönlich erst in der dritten Welle, als Bitcoin bereits als Zahlungsmittel "etabliert" war, wobei etabliert hier bedeutet, Laszlo konnte sich damit eine Pizza kaufen. Von Mainstream kann da nicht einmal ansatzweise die Rede sein.
Ideologisch waren diese Nutzer insofern, als in dieser Gruppe eine große Menge an Leuten ist, die dem traditionellen Banken- und Fiatgeld-System überwiegend naiv kritisch gegenüberstehen.

Mitte 2011:
Spekulanten. Bitcoin durchbricht die 1-Dollar-Marke, dann später die 10-Dollar. Medienhype.
Die Leute, die in der Zeit dazukamen, waren zum großen Teil weder an der Technologie noch an der "Ideologie" von Bitcoin interessiert. Denen ging es einfach nur darum, in einer typischen Spekulationsblase niedrig zu kaufen, um (hoffentlich) teurer zu verkaufen.

Ende 2011 - Ende 2012:
Wenige neue User, aber echte Konsolidierung der ersten Unternehmen. Bitcoin konnte sich in dieser "Winterschlafphase" technisch weiterentwickeln, ohne durch übertriebene Spekulation "vom Weg abzukommen".

2013:
OMG, Spekulanten! Grin

2014 - heute:
Ähnlich wie 2012.

In der gesamten Zeit gab es natürlich immer neue User aus allen Gruppen, aber die großen "Völkerwanderungen" zu Bitcoin sind damit grob skizziert.
Um aber auf deine Anfangsfrage zurückzukommen:
Die ersten User haben mit Bitcoin "gespielt", bis es erste "Spekulanten" gab, die ein Höchstrisiko-Investment getätigt haben.
Ein solche Investment musste damals nur wenige Dollar betragen um den Kurs langsam aber sich steigen zu lassen.
Kaum war ein Marktplatz geschaffen, auf dem sich ein Kurs etablieren konnte, war der Anstieg des Kurses Anreiz genug, weitere Spekulanten nach sich zu ziehen.

Oder um es anders zu sagen, Bitcoin war ein künstlich geschaffenes Spekulationsobjekt, das sich verselbständigt hat.
Die eigentliche Eignung als "Geld" kam realistisch betrachtet erst später.


Das fasziniert mich. Bei den blöden Geldgeschichten wird immer gesagt, dass die Leute zum Geld gezwungen wurden, etwa weil sie ihre Steuern mit Geld entrichten mussten ... Hier wird aber offensichtlich niemand gezwungen, oder?
Der Zwang ist auch bei "klassischem" Geld nur in Einzelfällen zu belegen.
Die meisten Formen von Geld haben sich letztlich einfach durch ihre Nützlichkeit durchgesetzt.
Bitcoin hat in dieser Hinsicht noch einen langen Weg vor sich.