Post
Topic
Board Deutsch (German)
Re: Sind Bitcoins "echtes" Geld?
by
herzmeister
on 23/07/2013, 12:20:51 UTC

Das mit den Zigaretten kannst du so nicht Argumentieren, warum? Weil Zigaretten süchtig machen. Für den einen Teil der Leute waren Zigaretten absolut wertlos, während andere ihr letztes Hemd dafür gaben um es zu rauchen.


Diese Argumentation ist ein wenig über das Ziel hinausgeschossen. Zigaretten auf dem Gefängnishof werden nicht als Geldform benutzt, weil sie süchtig machen, sondern einzig und allein, weil sie den Eigenschaften eines tauglichen Geldes (begrenzte Menge, Nützlichkeit/Verwendbarkeit/Konsumnachfrage, Uniformität, Unfälschbarkeit, etc) aller Waren dort am nächsten kommen.

David Graeber (der erwähnte links-anarchistische, anti-kapitalistische Anthropologe) argumentiert eher so, dass Warengelder dann entstehen, wenn die Leute es nicht anders kennen, entweder weil vorher ihr Gesellschaftssystem kollabiert ist (s. UdSSR kurz nach dem Fall des Ostblocks), oder weil sie eben wie im Gefängnis in diese Umgebung hineingezwungen werden.

Historisch in Stammes- und Dörfergemeinschaften haben die Menschen in der Tat wohl eher ohne Tauschmittel/Geld gelebt; die Dinge wurden aufgeteilt, oder es herrschten Vertrauensbeziehungen. Du willst diese Kuh? Nimm sie dir; irgendwann wirst du dich schon revanchieren, oder du bist und bleibst halt der Dorftrottel. D.h. zuerst existierten Kreditformen, Metallgeld kam entgegen der Mär von Adam Smith und co in der Tat erst später, um Schuldverhältnisse (meist nach Eroberungen) zu quantifizieren und Unterdrückungsformen zu zementieren (s. Machtinstitution Priesterschaft und Religion, Doppeldeutigkeit von "Schuld" in vielen Sprachen).