Eine aggressive Kultur wird immer die weniger Aggressiven dominieren und ausrotten. Blöderweise und überspitzt formuliert ist die aggressivste und erfolgreichste Kultur der zumindest letzten 500 Jahre der Raubtierkapitalismus mit pseudomoralischem Zuckerguss.
500 Jahre? Entweder übertreibst du masslos, oder du irrst.
Für gewöhnlich spricht man von Kapitalismus seit ca. 250 Jahren (je nach Auslegung auch erst deutlich kürzer).
Natürlich kann man unter erheblicher Dehnung des Begriffs jede Epoche nach dem Feudalismus als frühkapitalistisch bezeichnen, nur ergibt der Begriff in so einer weiten Auslegung dann einfach keinen Sinn mehr, da er so nicht zur trennscharfen Abgrenzung zu anderen sozioökonomischen Modellen taugt.
Einen "Raubtierkapitalismus" gibt es jedenfalls in der wirtschaftswissenschaftlichen Sichtweise nicht, und AFAIK auch nicht in der historischen.
Wenn dies eine pejorative Verfremdung des voll ausgebildeten Kapitalismus darstellen soll (wovon ich jetzt einfach mal ausgehe), kann man von einem solchen wohl kaum vor dem späten 18. Jahrhundert sprechen.
Joa. Ich bin auch kein Historiker. Imho ist der britische Imperialismus Raubtierkapitalismus bzw. ging in diesen über. Ich habe die Begrifflichkeiten nicht klar definiert. Ein bisschen Polemik ist dabei.
Nun bin ich selbst kein überzeugter Kapitalist, weshalb ich natürlich gerne zu kapitalismuskritischen Tendenzen neige, deshalb möchte ich dir auch nicht zu sehr widersprechen.
Ich muss allerdings bei aller Kritik auch neidlos anerkennen, dass die gegenwärtige Form insbesondere des sozialdemokratisch eingedämmten Kapitalismus die Lebensqualität von Milliarden Menschen auf diesem Planeten verbessert hat, und dies bis heute weiterhin tut.
Hier von "pseudomoralischem Zuckerguss" zu sprechen, wird IMHO der Tatsache nicht gerecht, dass Milliarden Menschen eben gerade nicht hungers gestorben, nicht an Seuchen krepiert sind, und nicht infolge anderer Naturgewalten dahingerafft wurden.
Cui bono?
Der Kapitalismus fiel ja nicht vom Himmel sondern ist vielleicht nichts weiter als die bürgerliche Folge und Form des Imperialismus der europäischen Großmächte. Aus:
Wir brauchen neu eroberte Ländereien um Steuern und Gold zu erpressen damit wir in Europa erfolgreich Krieg führen können, ...
wurde
Wir brauchen neuen wirtschaftlichen Einflussbereich um unsere Produkte abzusetzen damit wir erfolgreich Geld akkumulieren können, ...
und
... wenn ihr nicht wollt, so gebrauchen wir Gewalt.
Man kann Absatzmärkte durch Eroberung unerschlossener Gebiete erzeugen (die Erde ist aber eine Kugel mit begrenzter Fläche), und zusätzlich durch Förderung des Bevölkerungswachstums. Alles mit der potentiellen Ausrede, was Gutes zu tun. Dazu müssen sich die Wilden aber dem bestmöglichen Lebensstil öffnen. Falls nicht gibt es was auf die Mütze.
Einfacher gesagt: Milliarden Menschen verdanken ihr Leben dem Kapitalismus.
Das darf man als historische Tatsache bezeichnen.
Geht es den meisten Leuten in den von Imperialisten/Kapitalisten zwangsbeglückten Landstrichen heute wirklich
qualitativ besser? Und würden sie diese Beglückung wieder wählen (unter der Voraussetzung, dass sie eine Wahl hatten), wenn sie gewußt hätten wie das Heute aussieht? (Ich gebe zu, die zweite Frage ist rein akademischer Natur)