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Board Trading und Spekulation
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Re: Der Aktuelle Kursverlauf
by
qwk
on 27/05/2020, 13:03:11 UTC
⭐ Merited by fsm247 (1) ,bullrun2020bro (1) ,1miau (1)
Naja, warum sollte man es sich als Crypto-Millionär antun, die "geistreichen" Beiträge hier zu lesen.
Vielleicht, wenn man am Strand liegt oder am Pool der neuen Villa. Aber da gibt es vermutlich besseres zu tun.
Da muss ich mich einfach mal wieder zu Wort melden.

Die Vorstellung, ein Bitcoin-Millionär (oder genauer: durch Bitcoin gewordener Euro-Millionär) würde heute das Leben als Mitglied der High Society am Pool/Strand/auf der Yacht genießen, trifft wohl, wenn überhaupt, lediglich auf einen winzigen Bruchteil der Betroffenen zu.

Betrachten wir das einmal von der Ausganssituation:

Im Jahr 2011 kauft Otto Normal-Bitcoiner ein paar Bitcoins.
Wieviele Bitcoins?
Das hängt schon stark von den Lebensumständen ab.

Ist Otto ein Mitglied des Prekariats, buckelt sich den ganzen Tag krumm, um seine Kinder zu ernähren, und ihnen ein Dach über dem Kopf zu bieten, verfügt er schon nicht über das nötige Kleingeld, um überhaupt nennenswert Risiko-Investments zu tätigen.
Wieviele Coins hat er also gekauft? Vielleicht einen? Oder 10?
Jedenfalls konnte er sich kaum leisten, 100 oder gar mehr zu kaufen, schließlich wären das mit hoher Wahrscheinlichkeit schon damals weit über 100 EUR gewesen, eine Summe, die man kaum für "Magic Internet Money" spekulativ ausgibt, wenn man jeden Monat den Dispo ankratzt.
Nun wäre er mit 10 BTC zwar heute schon durchaus in gewisser Weise vermögend, aber wohl kaum ein Millionär.
Aber es kommt noch schlimmer:
Sieht man sich inkrementell jeden Zeitpunkt von damals™ bis heute an, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Otto heute noch überhaupt über die ursprünglichen 10 BTC verfügt, wohl verschwindend gering.
Es gab einen Zeitpunkt, da waren aus seinen 10 BTC vielleicht einmal 1.000 EUR geworden, eine durchaus stolze Summe.
Und wenn dann gerade die Waschmaschine kaputt ist, und das Konto leer, ist die Verlockung groß, zumindest einmal die Hälfte des Gewinns mitzunehmen.
Später waren die verbleibenden 5 BTC vielleicht einmal 10.000 EUR, und weil gerade das Auto kaputt war, hat er wieder die Hälfte verkauft, damit's ein drei Jahre gebrauchter statt einem zehn Jahre gebrauchten wurde.
Mit 2,5 BTC aber ist Otto heute sicherlich weit davon entfernt, Millionär zu sein, oder sich auch nur als solcher zu fühlen.

Alternativ hätte Otto natürlich trotz seiner prekären Lage schon 2011 100 BTC kaufen können, also einen wesentlichen Teil seines "Vermögens" in "Magic Internet Money" "investieren" können.
Das aber sagt mehr über Otto aus, als das erste Szenario: er ist offensichtlich eine Zocker-Natur.
Anders gesagt: er kann nicht mit Geld umgehen.
Dass er unter diesen Voraussetzungen nicht längst wieder seinen "Reichtum" verloren hat, den er vielleicht irgendwann einmal auf dem Papier hatte, ist sehr unwahrscheinlich.

Die dritte Möglichkeit ergibt sich letztlich nur für einen Otto, der schon seinerzeit in gewisser Weise "vermögend" war.
Er muss nicht unbedingt "reich" gewesen sein, aber ein gewisses finanzielles Polster und ein (leidlich) gut-bezahlter, und i.d.R. auch erfüllender Job dürfen wohl unterstellt werden.
Die Wahrscheinlichkeit einer eigenen Immobilie dürfte auch nicht gering sein, und somit auch eine gewisse "Sesshaftigkeit".
Nun wird dieser dritte Otto im Laufe der Jahre sicherlich das eine oder andere Mal auch in Versuchung gekommen sein, seine Bitcoins, oder wenigstens einen Teil, zu verkaufen, um das Vermögen zu sichern, oder bestimmte Anschaffungen zu tätigen, aber schon der Bedarf nach gesteigertem Konsum dürfte erheblich geringer sein als bei den ersten beiden Ottos.


Kurz gesagt:
Den "armen Malocher", der mit Bitcoin über Nacht reich wurde, gibt es (vermutlich) nicht, weil Bitcoin eben keineswegs wie ein Lotto-Gewinn daherkommt, sondern sich das Vermögen inkrementell mehrt, und man zu jedem Zeitpunkt der Versuchung widerstehen muss, einen Teil seiner Coins zu verkaufen, was insbesondere dann erschwert ist, wenn auch noch äußere Geldsorgen hinzukommen.


Der Bitcoin-Millionär von heute ist mit hoher Wahrscheinlichkeit schon 2011 (oder 2013 oder wann auch immer er eingestiegen ist) "gut-situiert" gewesen, hatte einen für sich selbst angemessenen Lebensstil, und dürfte eine für ihn erfüllende berufliche Aufgabe gefunden haben.

Welchen Grund aber sollte dieser Bitcoin-Millionär dann haben, seinen Lebenswandel heute fundamental zu ändern?