Weil hier irgendwie offensichtlich immer noch nicht so ganz verstanden ist, wie sich das mit exponentiellem Wachstum verhält, mal eine kleine Anmerkung.
Diejenigen, die heute von 10% oder 20% Durchseuchung träumen, die wir "vielleicht schon erreicht haben", sollten sich einmal klarmachen, was das im Umkehrschluss bedeuten würde.
Wir gehen davon aus, dass es einen Zeitpunkt (sagen wir, den 31.12.2019) gab, an dem es in Deutschland noch keinen einzigen Infizierten gab.
Der erste Infizierte kam dann (nur als Beispiel) am 01.01.2020 ins Land.
Wie viele Verdoppelungen hätte es benötigt, um heute 1 Mio. Infizierte (also eine Durchseuchung von etwas über 1%) zu erreichen?
Pi mal Daumen 20 (2^20 ~ 1 Mio.).
Wir befinden uns in Kalenderwoche 22.
D.h., hätte konsequent eine Verdoppelung jede Woche stattgefunden, wären wir heute bei ca. 2 Mio.* Infizierten.
Ist es jetzt besonders glaubwürdig, dass diese Verdoppelung jede Woche auch in den vergangenen Wochen während des Lock-Downs noch stattgefunden hat?
Die Entwicklung der Todesfälle jedenfalls zeigt das nicht auf, und diese gilt (aus guten Gründen) als vergleichsweise genauerer Gradmesser für diesen Trend (hier sehen wir in den vergangenen 8 Wochen insgesamt "nur" noch eine Verdoppelung).
Man kann also aus den Todesfällen schließen, dass wir, was die Anzahl der Verdoppelungen angeht, heute auf dem Stand sind, auf dem wir "eigentlich" vor ca. 7 Wochen hätten sein "sollen".
Oder anders gesagt: wir sind in Kalenderwoche 15 (mit rein rechnerisch lediglich ca. 16.000** Fällen).
Nun haben wir offensichtlich aber mehr als 16.000 Infizierte (mehr als 10x so viele bereits diagnostiziert, um genau zu sein).
Irgendetwas kann also nicht stimmen.
Offensichtlich war die Infektionsrate anfangs also höher als eine Verdoppelung pro Woche (was sich auch mit damaligen Zahlen deckt, als wir eine Verdoppelung alle 3-4 Tage feststellen konnten).
Und dann gibt es noch die sog. "Superspreader", die gerade in der frühesten Anfangsphase schnell ein paar Wochen "überspringen" helfen konnten.
Das alles ist jetzt sehr ungenau und taugt nicht recht für irgendwelche Vorhersagen quantitativer Natur.
Worauf ich aber hinaus will, ist einfach folgendes:
Es ist sehr schwierig, ein plausibles Muster zu entwickeln, in dem SARS-CoV-2 erst in diesem Jahr nach Deutschland kam, sich anfangs rasant ausbreitete, ohne aber zunächst bemerkt zu werden (unseren ersten bekannten Fall hatten wir erst am 27. Januar), sich dann innerhalb kürzester Zeit explosionsartig ausbreitete, ohne zugleich die Todesfälle explodieren zu lassen (diese haben sich, soweit ich das erkennen kann, zu keinem Zeitpunkt schneller verdoppelt als alle 4 Tage oder so), um dann auch während des Lock-Downs weiter einen Trend beizubehalten, der eine Verdoppelung der Infizierten wenigstens ca. jede Woche voraussetzt, während sich zugleich die Todesfälle stabilisierten, um schließlich heute bei einer Durchseuchung im Bereich von 10% oder dergleichen zu landen.
Eine solche Entwicklung ist nicht absolut unmöglich.
Wahrscheinlich oder auch nur plausibel ist sie jedoch auch nicht.
* warum nicht 2 Mio.? s.u.
** warum nicht 32K? Ich ziehe die 1. KW ab, da sie unseren Ursprung darstellt. Genau genommen könnte ich eine weitere Woche abziehen, damit wir sauber bei 2 starten. Ich bin selbst etwas unschlüssig, wie man das am saubersten rechnet.