Nun ich sehe, ihr seid immer noch mitten drin.
Dann nur kurz von meiner Seite:
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Ein Vergleich ist immer noch ein probates Mittel, um bestimmte Aussagen zu entkräften oder zu bestätigen.
Ja, und in dem Sinne ist ein Vergleich zulässig.
Insofern bin ich bereit, zu konzedieren, dass ich eine "Gleichsetzung" meinte, wenn ich von einem "Vergleich" sprach.
Da sind wir uns ja mal einig.
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Für unzulässig erachte ich die Gleichsetzung einer nachbarschaftlichen Anzeige wegen Ruhestörung oder auch wegen des Verstoßes gegen Auflagen, seien es nun Corona- oder Platzverweis-Auflagen oder was auch immer mit dem Berufsdenunziantentum der Blockwarte im sog. "Dritten Reich".
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Lass es mich mal so sagen:
Im Dritten Reich kamen 75% aller Anzeigen bei der Gestapo nicht von den Blockleitern sondern von "Freunden" oder aus der "Familie", von Nachbarn, von Mitschülern et cetera.
Der Begriff Blockwart hat sich gehalten, leider, und gilt heute allgemein als Schimpfwort für Schnüffler und Denunzianten. So gesehen ist die Benutzung nicht automatisch mit einer Gleichsetzung verbunden, man kann natürlich über die Verwendung streiten. Die 68er haben den Begriff ganz selbstverständlich verwendet, manche finden sich heute beim Blick in den Spiegel auf der Seite der Beleidigten wieder. Bis heute wird dieser Begriff mal ironisch, manchmal auch leichtfertig benutzt. Aber eben von allen Seiten.
In der
bundesdeutschen Aufarbeitung der DDR-Historie wurden immer wieder ganz selbstverständlich Gleichsetzungen mit dem Dritten Reich verwendet. Anfangs hat mich das aufgeregt, mittlerweile gestehe ich dieser Generation natürlich auch einen intellektuellen Mangel zu. Jeder hat das Recht auf ein bischen Dummheit.
Die standhafte Insel im roten Meer,
die letzte Bastion vor der kommunistischen Gefahr,
das Sinnbild für die Freiheit -
West-Berlin - führte bis Ende der 90er Jahr ganz selbstverständlich die
Reichssportfeldstraße.
Wahrscheinlicher ist aber, daß es sich nicht um eine Mangelerscheinung sondern vielmehr um Kalkül handelt.
Für mich ist Liberalität ist eine Geisteshaltung, ich bin wirklich kein Freund der heutigen Debattenkultur.
Aber: manchmal nehme ich mir natürlich auch das Recht heraus, bestimmte Leute als Blockwarte, als Anscheißer, als Denunziaten oder Arschlöcher zu bezeichnen. Deshalb sind sie für mich noch lange keine Nazis. Aber auf dem Niveau verstehen sie mich wenigstens. Denn wer nur mit Humbug, Mumpitz, unfundierter Müll, Corona-Leugner usw. um sich wirft, der hat es einfach nicht drauf. Und sorry: unfundierter Müll ist Sprach-Müll.

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Ich zitiere mal aus dem Abschiedgruß von Fabio Di Masi:
Ich habe den politischen Meinungsstreit - gerade mit Konservativen und Liberalen - immer als eine Bereicherung empfunden. Denn Widerspruch schult die eigenen Argumente. Wir müssen lernen, respektvoll miteinander zu streiten - so wie in jedem Dorf, in jeder Familie, in jedem Sportverein und in jedem Freundeskreis.
Es gibt in verschiedenen politischen Spektren und vor allem in den sozialen Medien die Tendenz, Politik nur noch über Moral und Haltungen zu debattieren. Ich halte dies für einen Rückschritt. Werte und Moral sind das Fundament politischer Überzeugungen. Wer jedoch meint, dass alleine die „richtige Haltung“ über "richtig oder falsch" entscheidet, versucht in Wahrheit den Streit mit rationalen Argumenten zu verhindern.
Eine solche Debattenkultur hat nichts mit Aufklärung zu tun, sondern ist Ausdruck eines elitären Wahrheitsanspruchs, wie ihn die Kirche im Mittelalter bediente. Vor allem verstärkt dies aber Spaltungen in der Gesellschaft, wovon rechte Demagogen weltweit profitieren. Dies hilft Kräften wie der AfD, sich als Anwältin der kleinen Leute aufzuspielen, obwohl ihnen die Schweizer Franken zu den Ohren heraus kommen.Er schreibt noch viel mehr, nicht allem würde ich zustimmen. Quelle:
https://www.fabio-de-masi.de/de/article/3542.ich-werde-nicht-wieder-antreten.htmlEine solche Debattenkultur ist hier im Corona-Thread mittlerweile auch eher die Regel als die Ausnahme.
Du wirst diesbezüglich wahrscheinlich widersprechen, dann herrscht zwischen uns wohl eine Art
Patt.
Aber das ist eben auch der Grund, weshalb sich meine Wege in diesem Thread in letzter Zeit eher mit denen von e-conomics kreuzen.
Denn hier spüre ich gelegentlich eine ähnliche Wellenlänge, jedenfalls geistig und humoristisch.