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Re: Corona
by
qwk
on 02/06/2021, 11:54:28 UTC
⭐ Merited by 1miau (2)
Wenn der überwiegende Teil der schwedischen Bevölkerung zufrieden mit der Strategie ist, weil in Freiheits- und Grundrechte weniger eingegriffen wurde als in den Nachbarstaaten, weil die wirtschaftlichen Daten während und nach Corona deutlich besser sind, weil die Folgeerscheinungen und die Schäden durch die Corona-Maßnahmen deutlich geringer sind - ja, dann war das eine gute Strategie.
Aus Sicht der schwedischen Bevölkerung.
Dem würde ich so zustimmen.
Allerdings dürfte wohl die Mehrheit der ach so freiheitsliebenden Deutschen kaum eine besonders hohe allgemeine Zufriedenheit mit dem grundsätzlichen Fürsorgegebaren des schwedischen Staats an den Tag legen, sollte dieses auch hierzulande greifen.

Ansonsten halte ich, wie bereits mehrfach erwähnt, den schwedischen Weg nicht für sonderlich eigenständig, er unterscheidet sich im Wesentlichen dadurch, dass mehr auf Eigenverantwortung gesetzt wurde anstatt auf Zwang.
In etwa vergleichbar wäre das, wenn wir die deutsche "Richtgeschwindigkeit" von 130kmh auf den Autobahnen mit dem absoluten Tempolimit auf schwedischen Autobahnen vergleichen.
Ein Raser, der verantwortungslos Gas gibt und drängelt, ist und bleibt in beiden Fällen ein Problem, wird in Schweden aber vielleicht schneller hinter den landestypischen Gardinen verschwinden als hierzulande.

Ob im Übrigen die schwedischen Zahlen sonderlich gut vergleichbar sind mit den deutschen, tschechischen oder sonstigen, halte ich bis heute für fraglich.
Stand heute gehe ich ganz allgemein davon aus, dass eine vernünftige Aufarbeitung der Corona-Statistiken für eine brauchbare Gesamtauswertung noch einige Jahre in Anspruch nehmen dürfte. Da gibt es einfach zu viele Parameter wie Demographie, Gesundheitsversorgung in der Breite und Tiefe, Agglomerationen, durchschnittlicher Bildungsstand der Bevölkerung, und nicht zuletzt die Akzeptanz der Ratschläge von wissenschaftlichen Experten, die zu groben Verfälschungen führen könnten.
Auf den ersten Blick sieht es für mich jedenfalls weder danach aus, als wäre Schweden wesentlich besser, noch um ein vielfaches schlechter weggekommen als beispielsweise Deutschland. Das könnte auch daran liegen, dass beispielsweise die Akzeptanz der freiwilligen Regeln in der Breite einfach besser war, weil die Schweden ganz allgemein in Sachen Gesundheit wesentlich mehr "auf den Staat" zu hören scheinen, wie sich bei den freiwilligen Massenimpfungen gegen die Schweinegrippe deutlich sehen lässt (die ja schließlich auch ihren entsprechenden Gesundheitsskandal hatten, der dann wiederum das Vertrauen ein wenig unterminiert hat).
Schwedens Sonderweg jedenfalls ist in meinen Augen nicht wirklich einer, und taugt vor allem nicht als Beleg für oder wider die Effektivität der deutschen Corona-Maßnahmen. (Tendenziell allerdings glaube ich im Übrigen in Anbetracht der Zahlen Schwedens schon zu erkennen, dass es dort ein wenig "schlechter" lief als hierzulande, aber wie gesagt, sind da zu viele potentiell verfälschende Faktoren zu berücksichtigen).

Die große Frage ist und bleibt überwiegend, ob ein strengerer Lockdown in Deutschland, wie er eigentlich von allen Experten gefordert wurde, geeignet gewesen wäre, die Zahlen deutlich niedriger zu halten, und hier sprechen die Länder mit einer entsprechenden Zero Covid Strategie an und für sich eine deutliche Sprache.
Nur wären die hierfür erforderlichen strengeren Maßnahmen eben im Rahmen der geltenden Gesetze der Bundesrepublik nicht durchsetzbar gewesen.
Insofern sind die Corona-Toten hierzulande in gewisser Weise auch Opfer unserer funktionierenden Demokratie, wenn man das sehr negativ ausdrücken will.
Und nicht zuletzt aus ebendiesem Grunde lehne ich es ab, wenn ausgerechnet diese Opfer nun von den Leugnern verhöhnt werden, indem diese von einer "Corona-Diktatur" fabulieren.