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Re: Corona
by
thandie
on 03/12/2021, 10:33:16 UTC
⭐ Merited by bct_ail (1)
...
Unsolidarisch. Was für ein (mittlerweile) abgedroschenes Wort.

Das liegt allerdings erstens daran, daß viele Leute die eigentliche Bedeutung von Begriffen wie eben Solidarität nicht mehr verstehen oder verstehen wollen.
Diese Leute glauben, sie können auf Basis ihrer Meinungsblase verallgemeinern und kommen zu dem Schluß, daß sie definieren können, wann wer zu "ihrer" Idealgemeinschaft gehört und wie er sich zu verhalten hat.
Aber man sieht es ja - sie irren sich gewaltig. Ich wage mal die Behauptung, daß sich die meisten, die allermeisten Leute nicht "solidarisch" im Geiste sondern aus persönlichen, egoistischen Gründen impfen lassen.
Und das wäre dann genau das Gegenteil von Solidarität. Das wäre der Normalzustand des Denkens, der sich seit 30 - 50 Jahren in den westl. Industrienationen und den Aufsteigern in diese erste Liga breit macht.

Und zweitens kann man sagen, daß viele Leute heutzutage Wortunschöpfungen wie "Solidaritätsverweigerung" oder "unsolidarisch" schlicht als Framing einsetzen.
Hier wird bewußt außer acht gelassen, inwieweit überhaupt jemand Solidarität schuldet, noch wird nach der Berechtigung der Forderung danach gefragt. Es wird schlichtweg fesgehalten, daß jemand einer Forderung nicht nachkommt. Und letztendlich gelangen wir dann in Bereiche wie Unterordnung und Anpassung bzw. schuldig im Sinne des Kollektivs.


Wenn diese Diskussion bezüglich Solidarität so weiter geht, werden wir in einigen Jahren noch größere Sorgen haben. Das wird dann in Richtung Social Credit System wie in China gehen. Denunziantentum pur.

Und das ist ja hier auch schon argumentativ an der Tagesordnung.
Eine angebliche Minderheit, dargestellt als homogene Gruppe, wird als Grund genommen für Maßnahmen, die angeblich im Sinne der Mehrheitsgesellschaft sind. Der Zweck heiligt die Mittel.
Somit lässt sich fast alles begründen... die totale Überwachung beispielsweise. Hier sind dann nicht mehr die Überwacher die Schuldigen sondern ein par Terroristen, ein par Geldwäscher, ein par Pädokriminelle.
Sprich: nicht die NSA ist für ihre Schnüffelaktionen zu kritisieren sondern Mohammed Atta, weil der unterm Radar flugschülerte...? Echt jetzt?! Was für eine abenteuerliche Argumentation.


Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.
Bremen hat beispielsweiese mit über 80% eine recht gute Impfquote bei den vollständig Geimpften. Und das liegt unter anderem an einer gut organisierten Impfkampagne, die nicht wahllos sondern zielgenau funktionierte, die ohne die Vorwurfsmentalität und der ständigen Sündenbocksuche auskam, bei der gezielt auch Menschen mit wenig formaler Bildung und migrantische Milieus aufgesucht wurden und in der man auf unsinnige Erziehungsmaßnahmen wie bsw. die Androhung von Ausgangsperren bisher weitestgehend verzichtet hatte.

Die Bremer Verantwortlichen waren eben nicht diejenigen, die sich seit zwei Jahren ständig in Talk Shows rumtrieben, die ständig medial ihre Belehrungen absonderten. Sie machten einfach ihre Arbeit, und zwar mit den Bürgern, nicht dagegen.

Also mir scheint, hier gibt es eine grüne Linie.