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Board Off-Topic (Deutsch)
Re: Corona, Russland vs. EU bzw. Amerika etc.
by
thandie
on 04/03/2022, 15:29:58 UTC
Das muss schnellstmöglich irgendwie diplomatisch beendet werden*, sonst wird das unter Umständen nicht gut ausgehen.

* (!Das soll natürlich nicht heißen, dass die Ukraine einfach kapitulieren soll, denn das wäre natürlich auch das völlig falsche Zeichen und würde wohl das Ende einer souveränen Ukraine bedeuten! Aktuell scheitert es ja an Putin.)
Sehe ich auch so. Es ist aber ein echtes Problem, sich eine Lösung vorzustellen, die diplomatisch zustandekommt, Putin halbwegs zufriedenstellt, ihn aber nicht für den Angriff "belohnt", und die Ukraine dennoch souverän weiterexistieren kann.

Zumindest sollte eine solche Lösung Putin den Wind aus den Segeln nehmen, also dass er selbst bei maximalem Märchenfaktor nicht mehr eine Nicht-Annahme rechtfertigen kann.

Ich könnte mir z.B. folgendes vorstellen:
- Die Ukraine zieht sich aus Donezk und Lugansk zurück und zieht ihr Militär auch aus den angrenzenden Regionen (vertraglich abgesichert) ab, es würde also eine entmilitarisierte Zone in der Ostukraine geschaffen. Das gleiche auch im Süden an der Grenze zur Krim. Putin kann dann nicht mehr behaupten, es gebe Gefahr für die Einwohner der Volksrepubliken.
- Die Regierung der Ukraine bleibt im Amt, verpflichtet sich jedoch, Milizen wie das "Azov-Batallion" zu entwaffnen und für Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen, die ja von Putin immer wieder als Grund für den Angriff ("die Nazis in der Ukraine") genannt werden. Auch hier wäre Putins vorgeschobenes Kriegsziel der "Entnazifizierung" erfüllt.
- Auch wird in der gesamten Ukraine die russische Minderheit geschützt, z.B. mit erleichterter Vertretung im Parlament, ähnlich wie in Deutschland z.B. die Dänen.
- Die Ukraine verpflichtet sich zudem, keinen Beitrittsantrag in die Nato anzustreben. Stattdessen kann sie sich jedoch mit einer anderen Schutzmacht verbünden, z.B. wäre Indien vielleicht ein geeigneter Partner, das sowohl mit dem "Westen" als auch mit Russland gute Beziehungen pflegt.
- Russland zieht alle Truppen ab und stellt sämtliche Feindseligkeiten ein. In den Volksrepubliken gibt es eine UNO-Friedenstruppe.

Im Prinzip würde dadurch am derzeitigen Status quo nicht viel verändert. Über die Krim, Donezk und Luhansk hat die Ukraine sowieso keine Kontrolle, nur die entmilitarisierte Zone wäre neu. Das Problem ist, dass Russland vielleicht nicht für den Einmarsch 2022, aber für das Zündeln im Osten/Krim seit 2014 "belohnt" würde. "Belohnt" allerdings nur auf der Landkarte, denn ökonomisch dürfte sich der Einsatz überhaupt nicht gelohnt haben. Und eine perfekte und realistische Lösung gibt es leider nicht.

So wie ich Putin verstanden habe, will er ja gar nicht mehr oder?
Deine Ausführung wäre doch umzusetzen und alle könnten sich Gesichtswahrend aus dem Konflikt zurückziehen.


Nicht ganz.

Eine einseitige "Verpflichtung" der Ukraine, keinen NATO-Beitritt anzustreben, wird Putin so höchstwahrscheinlich nicht reichen.
Denn dazu müßte eine Verfassungsänderung von 2019 in der Ukraine mit Zweidrittelmehrheit rückgängig gemacht werden, in der diese Strategie ausdrücklich verankert ist. Das kann Selenskyj aber nicht selbst entscheiden. Dazu braucht es eine ^^ deutliche Mehrheit. Nach diesem Krieg befürchte ich aber, daß die Gräben zwischen Ukrainern und Russen, zwischen Hardlinern und Gemäßigten noch viel tiefer sein werden, der Krieg wird sich tief ins "ukrainische" Gedächtnis eingraben, Nationalisten und Rechte werden wahrscheinlich Aufwind bekommen. Noch sind sie auf Grund der 5% Hürde nicht vertreten, aber das kann sich wahrscheinlich ändern.

Meiner Meinung muß die NATO hier eine rhetorische Kehrtwende machen und von ihren Prinzipien abrücken, über ihren Schatte springen.
Sie muß den Russen garantieren, daß die Ukraine kein NATO-Mitglied in absehbarer Zeit wird. Und machen wir uns nichts vor, die NATO war bisher eh dagegen.
Insbesondere die USA sollten sich hier bewegen. Denn die Sichtweise des Kremls ist die, daß er Europa und die europäischen NATO-Mitglieder für Vasallen der USA hält, ja sogar für eine Kolonie. Vielleicht mit Ausnahme Frankreichs. Darüber kann man natürlich nur lachen, ist aber so. Und wenn Putin sowie Lawrow öffentlich von Verhandlungen auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt reden, dann geht das immer in erster Linie in Richtung Washington.

Die Krim werden sich die Bevölkerung der Krim und die Russen nicht mehr nehmen lassen.
Wie das mit den Volksrepubliken Donezk und Lugansk aussehen könnte, weiß ich auch nicht genau. Eine Option wäre immer noch eine OSZE-Mission mit dem Ziel einer Volksabstimmung, so daß hinterher niemand sagen kann, das wäre "faul" abgelaufen.

UNO-Friedenstruppen kann es nur auf Basis einer Resolution des UN-Sicherheitsrates geben. Das lässt sich auch nicht ohne Russland entscheiden. Darüber hinaus müssen auch die Länder selbst zustimmen, in denen die Friedenstruppe stationiert wird. Hier wäre also die Frage, wie es sich mit dem Status von Donezk und Lugansk verhält... rein theoretisch ist das Ukraine, faktisch aber out of control.