Das heißt im Umkehrschluss aber, dass das Halving quasi nur mehr eine psychologische Wirkungskraft hat und die Auswirkung auf den Gesamtmarkt durch die Reduktion der ausschüttbaren Coins quasi verpufft?
Davon gehe ich aus, ja. Wie gesagt, in bestimmten Marktsituationen (Seitwärts, wenig los) könnte das reduzierte Angebot neu geminter Coins dennoch eine Rolle spielen. Aber die Nachfrageschwankungen aus anderen Gründen wären für mich wichtiger.
Es ist allerdings jetzt nicht so, dass die schwindende Halving-Bedeutung den Effekt von Bitcoins "Knappheitsgleichung" in Frage stellt. Ganz im Gegenteil! Bitcoin hat ja schon jetzt eine in der Regel wesentlich geringere Geldmengeninflation als Fiatgeld. Wir sind also jetzt bereits in der Phase, in der Bitcoin "härteres Geld" als Fiat darstellt. Und das kann, wenn die Adoption weiter fortschreitet, für weitere FOMO-Schübe sorgen. Aber die werden sich weniger an Halvings orientieren.
Wie schätzt du die Wirkungskraft des kommenden Halvings persönlich ein? Denkst du, dass sich der Kursverlauf hier an die vergangenen Jahre hält?
Ist schwierig. Psychologisch sehe ich schon noch Potenzial, dass das Halving wirksam sein könnte. Also irgendwann 2024 könnte es für eine FOMO-Welle sorgen.
Ich glaube aber auf jeden Fall, dass wenn ein neues ATH erreicht wird, dieses weniger über dem alten ATH liegt als früher (ein "Richtwert" den ich mir vorstellen könnte wäre 1.5x bis 2x über dem alten, also "um die 100.000"). Da ist eine eindeutige Tendenz seit den markanten Hochs 2011, 2013 (2x), 2017 und 2021 sichtbar. Das könnte auch an der geringeren Wirkungskraft des Halvings liegen, ich glaube aber eher an der erhöhten Liquidität.
Das nächste markante ATH könnte aber sogar vor dem Halving eintreten. Wenn ich mir die Kursentwicklung anschaue, und kein extern verursachter Dip (wie bei Corona) kommt, könnte es schon 2023 oder Anfang 2024 zu einem neuen ATH kommen. Dann müsste die Rakete (was Elliott-Fans die 3. Welle des Bullenmarkts nennen) allerdings im Oktober starten und noch im selben Monat die 40.000 anknabbern. Ich interpretiere schon das Zwischenhoch 2019 und die folgende Kursentwicklung in diese Richtung. Ohne Corona hätte diese schon Mitte 2020, also vor dem Halving, zu einem ATH führen können.
Andererseits gibt es einen Event, auf den einige spekulieren könnten, und bei dem ich Potenzial sehe, dass er noch mal richtig FOMO auslösen könnte, nämlich das "Gold-Flippening". Hab ich auch schon mal was geschrieben dazu - das wäre der Punkt, an dem Bitcoin ernsthaft mit Gold als Geldanlage konkurriert (und würde einem Bitcoinpreis von mindestens 300k entsprechen). Ich glaube allerdings, dass dieses nur dann eintreten wird, wenn es auch gleichzeitig Fortschritte bei der Etablierung von BTC als Zahlungsmittel gibt, da dann die Adoption sichtbar würde und man sich darauf verlassen kann, dass Bitcoin eben nicht nur "rein spekulativ" ist. Oder es kommt der von einigen erhoffte ETF-Boom.