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Board Deutsch (German)
Re: Umsatzsteuer auf Kryptos
by
twbt
on 21/02/2018, 10:27:33 UTC
Der EuGH, die BaFin und das Finanzministerium haben unterschiedliche Auffassung über die Einordnung der Krypto Währungen. Deshalb kann es auch noch keine einheitliche steuerliche Reglung geben.

Des Pudels Kern steht eigentlich im Auszug aus dem Prüfungsbericht des Finanzamts Bonn-Innenstadt, den Quermann in seinem Blogbeitrag verlinkt:

Die Harmonisierung des Umsatzsteuerrechts innerhalb der europäischen Gemeinschaft bezweckt die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen bzw. die Vermeidung von Wettbewerbsverfälschungen.

Die MwStSystRl sind hinsichtlich des zu erreichenden Ziels für jeden Mitgliedsstaat verbindlich.

Um eine rechtliche Wirkung und nationale Verbindlichkeit zu erreichen, setzt dies jedoch zwingend eine Umsetzung in das rationale Recht eines jeden Mitgliedsstaates voraus.

Eine richtlinienkonforme Gesetzesauslegung in Form der Umsetzung der Folgen aus dem EuGH-Urteil zur Behandlung der Umsätze mit / von virtueller Währung in das deutsche Umsatzsteuergesetz ist bisher noch nicht erfolgt.

Weiterhin ist ebenso keine Verfügung zum Anwendungsvorrang ergangen.

Das FA steht also auf dem Standpunkt: Wir wissen, dass nach EuGH-Entscheidung keine Umsatzsteuer fällig ist. Aber, der Gesetzgeber hat das nicht in nationales Recht überführt und das Finanzministerium hat uns nicht gesagt, dass wir das EuGH-Urteil unserer Einordnung zugrunde legen müssen. Also sind uns die Hände gebunden.

EDIT: Dazu auch nochmal der wichtige Hinweis aus dem Steuerthread:

Wenn man das einschlägige EuGH-Urteil in der Rechtssache Hedqvist vom 22. Oktober 2015 und den Text der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) liest, wird sofort deutlich, worauf das "Missverständnis" des Finanzamts hier offenbar beruht und weshalb der zuständige Prüfer auf die falsche Fährte geraten ist. Zentrales Argument des Finanzamts scheint ja zu sein, dass die EuGH-Entscheidung nicht in deutsches Recht "umgesetzt sei". Prinzipiell stimmt es, dass europäisches Richtlinienrecht zunächst einmal durch den nationalen Gesetzgeber in nationales Recht umgesetzt werden muss. Aber jetzt kommt der entscheidende Punkt, den das Finanzamt offenbar nicht gesehen hat: Die Regelungen der europäischen MwStSystRL sind ja bereits in das aktuell geltende deutsche UStG eingeflossen. Die Umsetzung hat also bereits stattgefunden. Nach erfolgter Umsetzung muss man aber das UStG in Zweifelsfragen (und hierzu gehört die Bitcoin-Frage) stets im Lichte der zugrundeliegenden MwStSystRL lesen. Das nennt man Pflicht zur europarechtskonformen (insb. richtlinienkonformen) Auslegung nationalen Rechts. Diese Pflicht ist in zahllosen EuGH-Entscheidungen durchdekliniert und in ebenso zahllosen wissenschaftlichen Stellungnahmen festgestellt. Zu den Vorschriften, die entsprechdend richtlinienkonform auszulegen sind, gehört natürlich auch die Vorschrift des § 4 Nr.8 Buchst.b UStG, die Umsätze von "gesetzlichen Zahlungsmitteln" von der Umsatzsteuer befreit. Diese Befreiungsvorschrift mochte der Sonderprüfer aber offenbar nicht anwenden, weil Bitcoins nunmal kein gesetzliches Zahlungsmittel sind. Vom reinen Wortlaut her zunächst in Ordnung. Auch die Richtlinie spricht in Art. 135 Abs. 1 Buchst. e zunächst nur von "gesetzlichen Zahlungsmitteln", deren Umsätze von der Steuer befreit sind. Was der Prüfer aber übersehen hat: Der blosse Wortlaut ist hier nicht entscheidend. Gemäß dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Hedqvist sind vielmehr Kontext und Zweck der Richtlinienregelung maßgeblich. Und diese erfordern es nach Auffassung des EuGH, den Bitcoin umsatzsteuerrechtlich (!) den gesetzlichen Zahlungsmitteln gleichzustellen, also von der Umsatzsteuer auszunehmen. Das EuGH-Urteil stellt dabei wie gesagt entscheidend auf den Kontext und den Zweck der Richtlinienregelung ab. Aus juristischer Sicht kein erstaunlicher, sondern alltäglicher Vorgang, vollkommen lege artis. Der Prüfer hätte also richtigerweise hier ohne weiteres die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr.8 Buchst.b UStG anwenden müssen und zwar richtlinienkonform interpretiert gemäß dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Hedqvist.