Vielen Dank für Deine Hinweise, Mgsys!
Im Fall OFD Hannover stammt das Dokument aus 2004, im Fall Brandenburg steht zwar auch 2004 drüber, findet sich aber bis heute in der Datenbank geltender Verwaltungsvorschriften.
Kann es sein, dass wir hier gerade in den Untiefen der gescheiterten europäischen Verfassung rumstochern? Wir haben also Verwaltungsdokumente aus dem Jahr
2004, die offensichtlich heute so noch angewendet werden. Nach dem Scheitern des
europäischen Verfassungsvertrages trat dann der
Vertrag von Lissabon erst Ende
2009 in Kraft. Allerdings:
Obwohl der Vorrang von keiner Stelle angezweifelt wird, ist er derzeit im Primärrecht an keiner Stelle ausdrücklich erwähnt. Der Verfassungsvertrag hätte den Vorrang an prominenter Stelle ausdrücklich in den Vertragstext aufgenommen (Art. I-6 VVE). Diese Norm ist aus dem Vertrag von Lissabon wieder herausgenommen worden. Stattdessen geben die Mitgliedstaaten eine Erklärung zum Vorrang ab, in der sie auf die Vorrangwirkung des Unionsrechts hinweisen und außerdem folgendes Zitat aus einem Gutachten des Juristischen Dienstes des Rates beifügen [...].
Hinweis und Gutachten finden sich hier im AEUV:
17. Erklärung zum Vorrang
Die Konferenz weist darauf hin, dass die Verträge und das von der Union auf der Grundlage der Verträge gesetzte Recht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unter den in dieser Rechtsprechung festgelegten Bedingungen Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten haben.
Darüber hinaus hat die Konferenz beschlossen, dass das Gutachten des Juristischen Dienstes des Rates zum Vorrang in der Fassung des Dokuments 11197/07 (JUR 260) dieser Schlussakte beigefügt wird:
Gutachten des Juristischen Dienstes des Rates
vom 22. Juni 2007
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Vorrang des EG-Rechts einer der Grundpfeiler des Gemeinschaftsrechts. Dem Gerichtshof zufolge ergibt sich dieser Grundsatz aus der Besonderheit der Europäischen Gemeinschaft. Zum Zeitpunkt des ersten Urteils im Rahmen dieser ständigen Rechtsprechung (Rechtssache 6/64, Costa gegen ENEL, 15. Juli 1964 (1)) war dieser Vorrang im Vertrag nicht erwähnt. Dies ist auch heute noch der Fall. Die Tatsache, dass der Grundsatz dieses Vorrangs nicht in den künftigen Vertrag aufgenommen wird, ändert nichts an seiner Existenz und an der bestehenden Rechtsprechung des Gerichtshofs.
Anscheinend ist das wohl ein umkämpfter Punkt (auf Ebene des Primärrechts). Und folglich könnte man vlt. schlussfolgern, dass sich das bis in die Niederungen der Finanzbehörden weiterzieht?