Nehmen wir mal an, dass ich am Wahltag um 15 Uhr mir die Wahlergebnisse anschaue, selbst aber noch nicht gewählt habe. Sehe ich dann meine Partei vorne, bleib ich weiter auf der Couch sitzen. Sehe ich dass die meiner Meinung nach falsche Partei vorne liegt, raff ich mich auf und geh wählen. Was bitte kann daran falsch sein ? Und wenn eine vorzeitige Veröffentlichung eines Wahlergebnisses schädlich sein sollte, ist es dann in den Wochen vor der Wahl wirklich "best common practice" die Bürger ständig mit Wahlprognosen zu belustigen, die sich heutzutage nach der Wahl oftmals als Griff ins Klo offenbaren. Für mich ist daran nichts "Best Off...".
Deine Frage läuft darauf hinaus: warum ist es "schlechter Stil", Wahlergebnisse vor der Schließung der Wahllokale zu veröffentlichen, dann können sich die Leute später nochmal aufraffen, doch noch wählen zu gehen, damit ihre Partei gewinnt?
Und darin liegt auch die Antwort, warum es schlechter Stil ist: der spätere Wähler hat damit eine Wahl, die der frühere Wähler nicht hat.
Es ist also keine Stimmengleichheit mehr gegeben.
Im Selbstverständnis der meisten Demokratien ist das ein absolutes No-Go.
In Bezug auf das Argument der Veröffentlichung von Umfrageergebnissen vor Wahlschluss ist es so, dass es durchaus in der Vergangenheit Diskussionen darüber gegeben hat, ob nicht sogar die Berichterstattung über solche Umfragen zumindest am Wahltag verboten werden soll.
Hier hat man letztlich eine Abwägung treffen müssen, ob das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung im Allgemeinen und das Schutzbedürfnis des Journalismus im Besonderen nicht einfach höher wiegt.
Da Umfragen noch dazu ohnehin nicht immer ganz präzise sind, ist man letztlich zu dem Ergebnis gelangt, dass der geringe Schaden, der durch deren Veröffentlichung entsteht, keine Einschränkung der Presse rechtfertigt.