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Board Off-Topic (Deutsch)
Re: Corona
by
qwk
on 01/03/2021, 00:31:16 UTC
Ich habe Bekannte die die Dinge ähnlich wie ich sehen, obwohl sie in Deutschland leben. Manche sehen sie auch nicht so.
Naja, es gibt immer solche und solche, weshalb Einzelmeinungen eben auch immer nur das sind, und damit weitgehend irrelevant.
Ich habe im näheren Umfeld auch alles vom gehorsamen Staatsdiener bis hin zum radikalen Impfverweigerer.
Vom Migranten bis hin zum Rassisten.
Vom Öko bis hin zum Müll-aus-dem-Auto-Schmeißer.
Das dürfte jedem so gehen, ergibt halt nur kein stimmiges Bild der Gesellschaft.

Der Zusammehang ist denke ich eher, dass die Leute die aus Deutschland ausgewandert sind dafür ihre Gründe haben, und die waren sicherlich nicht, dass sich nach deren Empfinden in Deutschland das meiste positiv entwickelt.
Die wenigen dauerhaften Auswanderer, die ich näher kenne, sind eigentlich alle in letzter Konsequenz vor dem Wetter geflohen.
Das wäre für mich auch der überzeugendste Grund, weshalb ich mit dem Gedanken spielen würde.
Wer hier in Deutschland nicht in prekären Verhältnissen leben muss, lebt schon recht gut, da isses als "Ausländer" woanders oft eher deutlich unangenehmer, sofern man denn überhaupt erwünscht ist.

Und dann gibt es noch die, sagen wir "Altersarmutsflüchtlinge", die mit ihrer mickrigen Rente in Deutschland nicht zurecht kommen, es sich aber bspw. in Thailand ganz gut gehen lassen können. Das sind dann aber eben in meinen Augen nicht mehr wirkliche "Auswanderer", sondern eben ganz simpel Wirtschaftsflüchtlinge.

Wenn ich für Atomkraft bin, habe ich nicht den Planeten auf dem Gewissen.
Nö, aber dann bist du ja auch nicht einfach "gegen" etwas, sondern bringst einen konstruktiven Vorschlag.

Wenn ich gegen unbegrenzte Migration und stattdessen für andere Hilfe bin, habe ich keine ertrinkenden Migranten auf dem Gewissen.
Dito.
Wobei die andere Hilfe da schon zu konkretisieren wäre, denn einfach nur sagen "macht das bitte anders" ist einfach nicht genug, wenn akut Leute im Mittelmeer ersaufen.
Und da braucht man nicht mit "Brunnen bohren" und "Schulen bauen" ankommen.

Wenn ich die Coronamaßnahmen ablehne und für mehr mehr Eigenverantwortung bin, habe ich nicht Oma und Opa auf dem Gewissen.
Das sehe ich dann schon wieder deutlich anders.
Mehr Eigenverantwortung bedeutet in dem Fall, billigend in Kauf zu nehmen, dass zahlreiche Menschen diese Eigenverantwortung in dem Umfang nutzen werden, wie wir das für gewöhnlich vom Durchschnitt der Bevölkerung erwarten dürften.
Das wären dann in Folge in jedem Fall nach dem Stand der Wissenschaft höhere zu erwartende Fallzahlen.
Da fällt es dann schwer, zu argumentieren, dass dabei nicht auch ein paar Omas und Opas mehr über den Jordan müssen.

Einfach nur "mehr Eigenverantwortung" ist in dem Sinne einfach keine adäquate Alternative.
Das ist nicht gleichzusetzen mit dem obigen Beispiel der Atomkraft.

Nach dieser platten Argumentation könnte man genauso behaupten, dass Windkraftbefürworter die Abholzung der Wälder auf dem Gewissen haben
Wenn da ein kausaler Zusammenhang herzustellen ist, ja.
Wäre mir jetzt zwar nicht direkt bewusst, aber halte ich durchaus für plausibel.
Von Windkraft verstehe ich nicht sonderlich viel.

die Migrationsbefürworter die Migranten auf dem Gewissen haben, die schon in der Sahara sterben, weil sie es nichtmal bis zur Küste schaffen, aber sich hoffnungsvoll auf den Weg machen
Da kann ich jetzt den kausalen Zusammenhang nicht erkennen.
Sollte das auf das Gerücht abzielen, dass sich Migranten auf den Weg machen, weil sie durch die "Willkommenspolitik" von Merkel seinerzeit noch stärker dazu animiert wurden, ist dieses in meinen Augen erschöpfend widerlegt, da möchte ich aber an dieser Stelle die Diskussion meiden, und auf Paul Colliers Standardwerk zum Thema "Exodus", verweisen (der übrigens seinerseits die Willkommenspolitik von Merkel durchaus kritisiert hat).

oder die Coronamaßnahmen-Befürworter die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen auf dem Gewissen haben, die sich wegen der Lockdowns und der damit einhergehenden Isolation selbst töten.
Das ist absolut zutreffend.
Genauso wie der Solarzellen-Befürworter in gewisser Weise jeden Arbeiter auf dem Gewissen hat, der bei der Fertigung von Solarzellen stirbt (nicht, dass das besonders viele wären, aber ich bin mir sicher, auch das passiert).
Wer überhaupt nie andere Menschen auf dem Gewissen haben möchte, tut sich naturgemäß schwer, wenn man alle Konsumgüter und Dienstleistungen stets bis zu ihrem Ursprung verfolgt.

Wenn jemand zu dem Schluss kommt, dass er keine Maßnahmen will, weil er die Kollateralschäden die dadurch entstehen als zu hoch empfindet, dann ist das eine legitime Meinung.
Legitim dann, wenn diese Meinung auch begründet werden kann.
Bloßes "ich will aber" ist keine legitime Meinung.
Das ist kindliches Trotzverhalten.

Die Werteabwägung, ob wiederum "mehr Tote" oder "weniger Freizeitgestaltung" schlimmer sind, ist individuell unterschiedlich, obliegt aber nicht dem Einzelnen, sondern dem gesamtgesellschaftlichen Diskurs.
Auch hier gibt es also keine legitime Meinung im Sinne einer abschließenden Bewertung durch den Einzelnen, sondern allenfalls im Sinne einer Stimmabgabe.

Und auch Leute, die ihre Meinung aus deiner Sicht nicht begründen können, haben ein Recht, diese zu vertreten.
Sie haben das Recht, diese zu äußern, aber ich kann nicht erkennen, inwieweit sie dann für sich das Recht in Anspruch nehmen wollen, für diese Meinung nicht kritisiert, verspottet oder ausgelacht zu werden, und entsprechenden "Gegenwind" zu erhalten.

Wenn ich die "Meinung" vertrete, ein Unsichtbares, rosafarbenes Einhorn (Gesegnet seien Ihre Heiligen Hufe) stünde neben mir, musst du diese "Meinung" ebenfalls weder akzeptieren, noch dulden, noch respektieren.
Mich dann als "Unicornidioten" zu bezeichnen, steht dir frei.


Nur weil Du die Nöte von anderen nicht nachvollziehen kannst, hast Du trotzdem zu akzeptieren, dass diese für sie real sind.
Nein.
Dem widerspreche ich entschieden.
Wenn für dich das Fliegende Spaghettimonster real ist, habe ich das nicht zu akzeptieren.
Wenn für dich Homöopathie "real" ist, habe ich das nicht zu akzeptieren.
Wenn für dich der Klimawandel "erfunden" ist, habe ich das nicht zu akzeptieren.
Wenn für dich Ufos aus dem All zu Besuch kommen, habe ich das nicht zu akzeptieren.
Wenn für dich "Handystrahlen" eine ernstzunehmende Gefahr sind, habe ich deswegen nicht auf mein G5 zu verzichten.
Die Beweislast liegt bei demjenigen, der eine faktische Behauptung aufstellt, nicht umgekehrt die Beweislast der Nichtexistenz (welche nicht möglich wäre) bei mir.


Vorschläge für besseren digitalen Schulunterricht gibt es dort wahrscheinlich nicht, da der Großteil der Leute dort vermutlich der Meinung ist, dass Kinder wieder in die Schule gehen sollten, da ihrer Abwägung nach der psychische Schaden der bei den Kindern entsteht gewichtiger ist, als der potentielle Schaden den das Virus durch Schulöffnungen anrichten könnte.
Sofern ihre "Meinung" in dieser Hinsicht der Lehrmeinung der dominanten Mehrheit der Wissenschaft und der Verantwortlichen für den Schulunterricht widerspricht, ist ihre Meinung in dieser Hinsicht allerdings irrelevant.

Mal ganz blöd gefragt: was meinst du, wäre passiert, wenn die Schulen einfach geöffnet geblieben wären?
Dann wären doch die selben Leute auf die Straße gegangen, und hätten gegen dieses "unverantwortliche Massenexperiment mit der Gesundheit unserer Kinder" protestiert (so wie in UK tatsächlich geschehen).

Da verteidige ich jetzt ausnahmsweise mal tatsächlich "unsere Politiker" und zwar in der Tat alle aus allen Parteien in allen Ländern.
Recht machen hätten sie's den heute unzufriedenen Bürgern so oder so nicht.