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Board Off-Topic (Deutsch)
Re: Corona, Russland vs. EU bzw. Amerika etc.
by
thandie
on 08/03/2022, 08:41:25 UTC
Beim Sprachengesetz in der Ukraine geht es leider nicht nur um die Unterrichtsprache und die Kellner. Es ist auch de facto ein Verbot russischsprachiger überregionaler Printmedien.

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/ukraine-neues-sprachgesetz-soll-das-russische-zurueckdraengen-17736397.html

Quote from: FAZ
Vor drei Jahren beschlossen, tritt in der Ukraine ein neues Sprachgesetz in Kraft. Es soll das Russische zurückdrängen, schafft aber neue Probleme für Verlage und die russischsprachige Kritik an Putin.

(Ich denke die transatlantische FAZ ist sicher kein Putin-Propagandamedium).

Ich finde das schon ziemlich bedenklich, zumal es nicht für Englisch und EU-Sprachen sowie andere Minderheitensprachen gilt, es richtet sich also eindeutig gegen eine bestimmte Bevölkerungsgruppe und ihre Sprache. Es geht auch wohl deutlich weiter als das Sprachengesetz in Québec.

Klar, Printmedien sind auf dem Rückzug, aber für ältere Leute wichtig. Und die werden dann eben zu strammen Putinisten, wenn sie ihre Zeitung nicht mehr bekommen und stattdessen dann eine russische abonnieren. Wie der Artikel schon sagt, in den russischsprachigen ukrainischen Medien gab es auch einiges an Kritik an Putin, die nun wohl verstummen muss.

Und es ist imo auch ein strategischer Riesenfehler der Ukraine, das durchgewunken zu haben, denn so hat man Putin einen Vorwand für den Krieg geliefert und die Arbeit seiner Propaganda erleichtert. Es ist, ganz klar, nur ein Vorwand, denn sein Kriegsziel ist natürlich, die Ukraine generell "auf Linie" zu bringen oder sogar (teilweise oder ganz) zu annektieren. Aber ohne dieses Gesetz wäre es für seine Propaganda wesentlich schwerer, seine Untertanen davon zu überzeugen, dass es doch nur eine "Spezialoperation zur Friedenssicherung und Entnazifizierung" ist.

Das ganze aber mit der Judenverfolgung unter den Nazis zu vergleichen, wie das dieser unsägliche Anti-Spiegel tut, ist wiederum unerträglich und imo antisemitisch.

Nachtrag: Das einzige, was mir etwas Hoffnung für die langfristige(!) Zukunft gibt: Laut vielen Berichten hat es sich Putin mit seinem Einmarsch jetzt auch mit den russischsprachigen Einwohnern verscherzt, in Charkiw, Mariupol etc. halten nun alle gegen die Invasion zusammen (siehe auch den oben verlinkten Post von icopress, der Russischsprachler ist). Vielleicht könnte das dafür sprechen, dass irgendwann dieser unnötige Konflikt zwischen den Sprachgemeinschaften gelöst werden könnte.

Das ist schon etwas crazy.
Da dieses Gesetzt nur und auschließlich auf die russische Sprache abzielt, alle anderen Minderheitensprachen aber nicht antastet, ist das eindeutig eine einseitige Diskriminierung.

Und einige Leute mögen vielleicht null Ahnung vom Wirtschaften haben - aber man stelle sich mal vor, deutsche Zeitungen müßten parallel Ausgaben für alle angrenzenden Dialekte drucken.
Man stelle sich vor, kleine Lokalausgaben "in sorbischer" Sprache müßten die Auflage nochmal komplett verdoppeln und in deutscher Sprache drucken, vielleicht sogar verdreifachen, damit man in Polen auch noch was mitbekommt. Man stelle sich vor, die Le Républicain Lorrain müßte nun ihre komplette Auflage nochmal in deutscher Sprache drucken.
Das wäre nicht nur unrentabel. Das wäre das Aus für die meisten Blätter. Und genau das scheint hier die Absicht zu sein.

Interessanterweise wird hier sogar ein Grund als Ausrede vorgebracht. Putin.
Ein Hauptgrund für das Gesetz war zweifellos der Anspruch von Präsident Putin, „Schutzherr“ rus­sisch­sprachiger Ukrainer zu sein.


Deshalb bin ich auch der Meinung, daß man der Ukraine mit einem vermeintlichen EU-Beitritt keine falschen Hoffnungen machen sollte.