Puh, das ist jetzt schon wieder ganz schön harter Tobak. Streckenweise konnte ich nicht alles nachvollziehen, aber die Grundidee ist für mich plausibel.
Einige Anmerkungen / Rückfragen habe ich dennoch....
Mehr Bitcoin kaufen und dann mit einem Put absichern führt zu einem ähnlichen Totalverlust Risiko jedoch habe ich ein höheres Risiko bei moderatem Preisrückgang.
Fall 1: Bulle->Bär: Bitcoin verkaufen statt Put zu kaufen
Bei moderaten Rückgängen des Bitcoin Preises verliere ich aber mehr, weil ich ja mehr Bitcoin gekauft habe und hier die Sicherung noch nicht zieht.
Wenn wir also jetzt in einem Bullenmarkt sind und ich erwarte, dass wir in einen Bärenmarkt kommen, ohne dass das Modell bricht, dann würde ich diese Strategie (Put Strike in Höhe von Bitcoin Preis Trend * e^-1) nicht wählen. Ich werde dann über proportional am fallenden mitkommen Bitcoin Preis beteiligt und die Versicherung würde nicht ziehen, weil der Bitcoin Preis nicht unter den Strike Preis des Puts fällt.
Ist das nicht ein Denkfehler? Man würde ja erstmal immer erwarten, dass das Modell noch hält und wenn sich black swan bzw. fat tails risiken realisieren und der Kurs massiv abgestürzt ist wäre es dann wiederum zu spät um zu reagieren. Ergo müsste man im Bullen immer absichern weil man ja noch nicht weiß ob im Bären das Modell bricht.
(Grundannahme ist, dass das Modell wenn dann im Bären bricht, andere Szenarien a la Aktivierung satoshi wallets oder quantenangriff sind hier nicht mit drin)
Prozess zur Absicherung
Erst mal bestimmen wir den Betrag, den wir absichern müssen, wenn wir eine Obergrenze von 66 % gemäß Kelly anstreben aber zu 80 % investiert sind. Dann müssen wir 14 % absichern. Bei einem Gesamtvermögen von 100.000 $ müssen wir 14.000 $ absichern.
Müssten wir nicht die kompletten 80% absichern, damit bei Totalausfall 14% durch die puts übrig bleiben?
In meiner Vorstellung würde das wie folgt aussehen:
- Ausgangslage: 2022 haben wir moderat 20-25% in BTC investiert, sodass wir ohne Verkäufe heute etwa zum Trendpreis bei den genannten 66%
- Steigt der Kurs sprunghaft an auf 135-155k EUR (ca. Trend +300-500 Tage) würde man sukzessive Gewinne mitnehmen und die BTC-Quote auf 45-55% reduzieren.
- Gleichzeitig sorgen die hohen Kurse dafür, dass Puts günstig sind, ich würde mich hier also schonmal eindecken und mindestens die 30-35% hodl BTC absichern, bei fallenden Kursen kann ich die Puts ja alternativ auch noch mit Gewinn verkaufen
- Falls dann noch eine Euphorie kommt, also 200k EUR (ca. Trend +700 Tage), würde man weiter Gewinne mitnehmen und nochmal günstiger Puts kaufen, um den kompletten Bestand + zukünftige Käufe abzusichern.
- Kommt dann der Bär und die Kurse fallen wieder auf 100k EUR würde man aufgrund des günstigeren Preises vs. Trend wieder BTC nachkaufen, die durch den Überschuss an Puts aber schon abgesichert sind, dadurch kann man dann höhere Anteile z.B. ~80% gehen und mehr nachkaufen als ohne Puts
- Würde der Kurs weiter verfallen würde man aufhören nachzukaufen, käme im Bär gar Massenexodus würden die Puts greifen und man hätte den Absicherungsfall bei Totalverlust
- Würde dagegen das Tal durchschritten ohne, dass man in den Bereich der Puts käme (= das Modell hält), würden die Puts wertlos verfallen und man konnte mehr
Das ist allerdings relativ "engstirnig" die alte Welt des BTC-Zyklus, also dürfte es wahrscheinlich sein, dass das so irgendwann nicht mehr aufgeht.
Ich frage mich z.B. wie dein rebalancing aussehen würde, wenn sprunghaft andere Assets an Wert verlieren (z.B. bei Immobilien: unversicherter Elementarschaden, Hauptarbeitgeber verlässt Region, etc) und du dadurch die Kelly-Quote überschreitest? (Wobei ich mich gerade Frage ob du in einem BTC+Puts Szenario überhaupt Immobilien hättest?

)
Oder wenn durch plötzliche Krankheit/Unfall die Ausgaben langfristig absehbar deutlich steigen (das erwartete Lebensvermögen also deutlich fällt)?
War das Verständlich? Diskussionsfrage: Habt ihr Ideen für eine Verbesserung meiner Ampeln oder zusätzliche Modell-Bruch-Indikatoren?
Insgesamt ist dein Modell bereits sehr komplex, das birgt das Risiko von Overfitting. Wo immer möglich, solltest du daher a.h.S. vereinfachen um da resilienter gegen unverhergesehene Entwicklungen zu werden.
Bsp: Du ermittelst die Markt-Ausfallwahrscheinlichkeit für 4 Referenzzeiträume und 3 Risiko-Schwellen. Wenn aber der längste Zeitraum eigentlich schon zu kurz ist, warum das modell dann noch mit 3 weiteren Zeiträumen aufblähen?!
Diskussionsfrage: Wie gewichtet ihr die Nachteile geringerer Diversifikation von Bitcoin im Vergleich zum Renditevorteil? Wo würdet ihr den Strike der Option wählen (z.B. e^-1 oder e^-1.5 wählen?
Ich finde die Betrachtung der Diversifikation hängt stark davon ab wie man die Töpfe definiert.
Ich z.B. würde eine selbstgenutzte Immobilie, (Aus-)Bildung, Fähigkeiten, soziale Netze, etc. bei Investitionsbetrachtungen eigentlich immer außen vor lassen. Man könnte also sagen, dass ich in einen "Investitionstopf" und einen "Autarkietopf" unterscheide. Bei einem Eigenheim mit Autarkie bei Strom/Wärme/Wasser und ggf. noch Teilautarkie Nahrung (z.B. solidarische Landwirtschaft) und sonst geringen Lebenshaltungskosten kann man sich a.h.S. eine geringere Diversifizierung im Investitionstopf leisten, weil man durch den hohen Grad an Autarkie abgesichert ist. Als Spezialist mit Mietwohnung in der Münchener Innenstadt mag das anders aussehen, da externe Abhänigkeiten viel größer sind, da würde ich zusehen, dass das Portfolio eher breit als tief ist...
Was die Strikes angeht warum nicht a la DCA mehrere Schwellen verwenden? Fände ich sowohl beim Einkauf der Puts als auch beim Verkauf respektive der Einlöse durchaus sinnvoll...