Fall 1: Bulle->Bär: Bitcoin verkaufen statt Put zu kaufen
Bei moderaten Rückgängen des Bitcoin Preises verliere ich aber mehr, weil ich ja mehr Bitcoin gekauft habe und hier die Sicherung noch nicht zieht.
Ist das nicht ein Denkfehler? Man würde ja erstmal immer erwarten, dass das Modell noch hält und wenn sich black swan bzw. fat tails risiken realisieren und der Kurs massiv abgestürzt ist wäre es dann wiederum zu spät um zu reagieren. Ergo müsste man im Bullen immer absichern weil man ja noch nicht weiß ob im Bären das Modell bricht.
(Grundannahme ist, dass das Modell wenn dann im Bären bricht, andere Szenarien a la Aktivierung satoshi wallets oder quantenangriff sind hier nicht mit drin)
Meine Annahme war, dass ich die 66% Bitcoin-Allokation ungesichert lasse und den darüber hinausgehenden Anteil entweder verkaufe oder durch Put-Option absichere. In einem Bullenmarkt würde ich mich deswegen für einen Verkauf der Bitcoin über 66% entscheiden.
Prozess zur Absicherung
Erst mal bestimmen wir den Betrag, den wir absichern müssen, wenn wir eine Obergrenze von 66 % gemäß Kelly anstreben aber zu 80 % investiert sind. Dann müssen wir 14 % absichern. Bei einem Gesamtvermögen von 100.000 $ müssen wir 14.000 $ absichern.
Müssten wir nicht die kompletten 80% absichern, damit bei Totalausfall 14% durch die puts übrig bleiben?
Meine Definition für diesen Artikel: Für einen Put mit einem Strike von 14$ erhalten wir 1400$ (Faktor 100), wenn Bitcoin auf 0 fällt. Zehn Puts sichern damit 14.000 Dollar ab, was in unserem Beispiel 14% des Gesamtvermögens sind.
Die übliche Definition: Du meinst, glaube ich, wenn der IBIT bei 65 Dollar pro Stück steht und wir hier einen Put kaufen, sichern wir 6.500 Dollar ab, von denen wir 1.400 Dollar erhalten.
Diese Definition habe ich nicht gewählt, weil sie hierfür nicht hilfreich ist. Denn wir zielen immer auf die Absicherung bezogen auf den Strike und nicht auf das Gesamtportfolio. Hierfür ist relevant der Trendpreis mal e hoch minus 1,5 und wie viel Prozent wir über unserem Kelly-Kriterium liegen.
Das könnte dazu führen, dass wir nach der gängigen Definition auch nur 10 Prozent unseres Portfolios oder 150 Prozent unseres Portfolios absichern.
In meiner Vorstellung würde das wie folgt aussehen:
- Ausgangslage: 2022 haben wir moderat 20-25% in BTC investiert, sodass wir ohne Verkäufe heute etwa zum Trendpreis bei den genannten 66%
- Steigt der Kurs sprunghaft an auf 135-155k EUR (ca. Trend +300-500 Tage) würde man sukzessive Gewinne mitnehmen und die BTC-Quote auf 45-55% reduzieren.
- Gleichzeitig sorgen die hohen Kurse dafür, dass Puts günstig sind, ich würde mich hier also schonmal eindecken und mindestens die 30-35% hodl BTC absichern, bei fallenden Kursen kann ich die Puts ja alternativ auch noch mit Gewinn verkaufen
- Falls dann noch eine Euphorie kommt, also 200k EUR (ca. Trend +700 Tage), würde man weiter Gewinne mitnehmen und nochmal günstiger Puts kaufen, um den kompletten Bestand + zukünftige Käufe abzusichern.
- Kommt dann der Bär und die Kurse fallen wieder auf 100k EUR würde man aufgrund des günstigeren Preises vs. Trend wieder BTC nachkaufen, die durch den Überschuss an Puts aber schon abgesichert sind, dadurch kann man dann höhere Anteile z.B. ~80% gehen und mehr nachkaufen als ohne Puts
- Würde der Kurs weiter verfallen würde man aufhören nachzukaufen, käme im Bär gar Massenexodus würden die Puts greifen und man hätte den Absicherungsfall bei Totalverlust
- Würde dagegen das Tal durchschritten ohne, dass man in den Bereich der Puts käme (= das Modell hält), würden die Puts wertlos verfallen und man konnte mehr
Das ist allerdings relativ "engstirnig" die alte Welt des BTC-Zyklus, also dürfte es wahrscheinlich sein, dass das so irgendwann nicht mehr aufgeht.
In deiner Strategie möchtest du über Timing des Zykluses eine Outperformance erzielen gegenüber einer Buy-and-Hold-Strategie von Bitcoin. Dieses Timing machst du mit zwei Werkzeugen:
1. Kauf und Verkauf von Bitcoin selber
2. Kauf und Verkauf von Puts auf Bitcoin.
Ich frage mich hier, wenn du den Zyklus so genau timen kannst, warum verkaufst du nicht einfach mehr Bitcoin im Bullen und kaufst im Bären mehr Bitcoin wieder zurück?
In meinem Beispiel dienen Käufe und Verkäufe von Bitcoin sowie Käufer und Verkäufer von Optionen nicht primär zum Timing des Zykluses, sondern um die persönliche optimale Kelly-Allokation einzuhalten.
Wenn es für mich günstiger ist, das Risiko abzubauen über Optionen als über einen Verkauf von Bitcoin, dann würde ich Optionen wählen.
Ich frage mich z.B. wie dein rebalancing aussehen würde, wenn sprunghaft andere Assets an Wert verlieren (z.B. bei Immobilien: unversicherter Elementarschaden, Hauptarbeitgeber verlässt Region, etc) und du dadurch die Kelly-Quote überschreitest? (Wobei ich mich gerade Frage ob du in einem BTC+Puts Szenario überhaupt Immobilien hättest?

)
Oder wenn durch plötzliche Krankheit/Unfall die Ausgaben langfristig absehbar deutlich steigen (das erwartete Lebensvermögen also deutlich fällt)?
Der erste Effekt wäre auf meine Liquiditätskasse, und der zweite Effekt wäre dann auf die Bilanz.
Der höhere erwartete Liquiditätsbedarf erfordert einen Verkauf risikoreicher Vermögensregelstände. Ich müsste also Bitcoin verkaufen. Wäre ein Kauf und Putz zwar das Bitcoin-Risiko reduziert, aber erstmal Liquidität kosten würde. Deswegen wäre ein Kauf und Puts nicht geeignet.
Bei unverändertem Bitcoin-Preis würde eine Reduktion von restlichem Nicht-Bitcoin-Vermögen dazu führen, dass meine Bitcoin-Allokation rechnerisch steigen würde steigen.
Eine Bitcoin-Allokation über der Kelly-Allokation würde in der Regel dazu führen, dass wir unseren Bitcoin-Bestand abbauen müssen. Nur wenn wir ausreichend Liquidität haben und wir im Bitcoin-Preis zum Trend ausreichend günstig bewertet sind und die Optionen einigermaßen günstig sind, dann würden wir statt einem Verkauf von Bitcoin eine Absicherung über Optionen wählen.
Insgesamt ist dein Modell bereits sehr komplex, das birgt das Risiko von Overfitting. Wo immer möglich, solltest du daher a.h.S. vereinfachen um da resilienter gegen unverhergesehene Entwicklungen zu werden.
Bsp: Du ermittelst die Markt-Ausfallwahrscheinlichkeit für 4 Referenzzeiträume und 3 Risiko-Schwellen. Wenn aber der längste Zeitraum eigentlich schon zu kurz ist, warum das modell dann noch mit 3 weiteren Zeiträumen aufblähen?!
Du hast wahrscheinlich recht. Wenn wir zu viele ähnliche Indikatoren haben, die dann auch noch in unterschiedliche Richtungen weisen, kann man sich immer die Indikatoren aussuchen, die die eigene emotionale Lage dann gerade unterstützen. Man wird also durch die vielen Indikatoren weniger objektiv und wieder mehr subjektiv.
Die Idee, Puts mit mehreren Strike Preisen zu kaufen für die Absicherung, ist ebenfalls eine gute Idee.