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Board Off-Topic (Deutsch)
Re: Corona, Russland vs. EU bzw. Amerika etc.
by
thandie
on 12/03/2022, 21:58:52 UTC
Momentan ist Russland bzw. Putin der Bösewicht, was ja auch stimmt. Aber laut Gut & Böse Schema müssen alle anderen die Guten sein.
Ich interpretiere hier einfach mal...

Selbstverständlich sind nicht alle anderen die Guten, bloß weil Putin "plötzlich" der Böse ist.
Aber, und ich finde es traurig, dass es notwendig ist, das zu betonen: jede noch so kleine Relativierung, jeder neudeutsche Whataboutism, jede Verharmlosung, jedes Fingerzeigen auf den sprichwörtlichen Dreck am Stecken anderer verbietet sich in meinen Augen zumindest solange, bis ein für alle mal klargestellt ist, dass es in diesem spezifischen Fall wirklich einmal ausnahmsweise eine sehr klare Unterscheidung zwischen "Gut" und "Böse" gibt.
Hier gibt es nunmal einen vollständig Unschuldigen (die Ukraine), der von einem vollständig Schuldigen (Putin) angegriffen wird.
Es gab keinerlei Provokation Russlands durch die Ukraine, Punkt, aus, Ende.

Nun. Von mir aus mußt du das nicht betonen, wir sind hier nicht mehr in der Schule.
Die Unterscheidung, die Klarstellung - speziell in diesem Fall - haben ich und haben andere längst getan. Mehrfach und ausdrücklich. Punkt, Aus, Ende! Oder warte...
Was möchtest du denn: daß bei jedem Beitrag, der sich mit dem von dir aufgemachten Themenkomplex  "Corona, Russland vs. EU bzw. Amerika etc" beschäftigt, erstmal ein klares, mantraartig vorgetragenes Statement vorgebracht wird, bevor man etwas anderes schreiben darf? Dann formuliere doch deine Threadbestimmungen in Zukunft entsprechend.

Du liest doch auch Bücher. Du weißt doch ganz genau, daß die Forderungen, vor jedem Absatz ein "Aber ich möchte noch mal ausdrücklich betonen..." völlig unsinnig sind.
Was soll denn das nun ausgerechnet von deiner Seite?



Ich denke schon, daß viele beschränkte Leute alles mitnehmen, was irgendwie "Gegen den Russen" ist.
Da kann man auch schonmal eine Schule abfackeln: Unbekannte setzen Turnhalle von Lomonossow-Schule in Berlin in Brand
Ich erlaube mir den Hinweis, dass auch der Verweis auf solche, vereinzelten und zugegebenermaßen völlig unangemessenen Entgleisungen individueller Idioten unter die Kategorie "Whataboutism" fallen.

Erlaube mir den Hinweis, daß ich damit lediglich darauf aufmerksam machen wollte, wie toxisch die Debatte hier und in der Realität mittlerweile geworden ist.
Wäre das nicht so, müßten einige Leute auch nicht krampfhaft Phrasen dreschen.



Und ich kann nicht erkennen, wie man auf die Idee kommen kann, dass solche amerikanischen Kriegsverbrechen hierzulande nicht benannt worden wären.
Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, wo die Lügen, die zum Irak-Krieg geführt haben, nicht auf den Tisch gebracht worden wären.
Reden wir Klartext: das war auf den Titelseiten (vermutlich) aller deutschen Nachrichtenmagazine.
Menschen in Deutschland haben damals gegen den Krieg demonstriert, wenn auch sicherlich nicht alle.
Untersuchungsausschüsse im Bundestag haben sich mit dem Schicksal von Murat Kurnaz beschäftigt.
Nichts davon ist ideal gelaufen, keine Frage, aber es wurde eben nicht unter den Tisch gekehrt, man hat die USA kritisiert, man hat die Fehler benannt, man hat auf die Folter aufmerksam gemacht.

Selbstverständlich gab es in der Presse, besonders der Nordamerikas anfangs eine Gesinnungsgefolgschaft, ein Strammstehen, eine Kriegshetze. Was schreibst du denn hier? Das kannst du doch nicht verleugnen. Die wenigen, die tatsächlich die Wahrheit suchten, wurde als Verräter abgestempelt und schlimmer noch, sie wurden dann einfach ignoriert. Und selbstverständlich gab es hier bis zu Beginn des Krieges auch bei vielen Verlegern die Angst, aus der Reihe der "Anständigen" zu scheren. Man schrieb lieber nichts als Fehler zu machen. Und auch das weißt du ganz genau. Aber das war nicht mein Punkt.

Gab es derartige Empörungen wie jetzt? Nein.
Gab es derartige internationale Ächtungsgemeinschaften wie gerade? Nein.
Gab es derartige Sanktionen wie jetzt? Nein.
Gab es derartige Hilfangebote und Hilfsleistungen für die Opfer? Nein.
Gab es ein derart weltumfassendes Diplomaten-Orchester wie gerade? Nein.
Gab es Forderungen, Bush, Cheney, Rumsfeld, Bremer III vor den internationalen Strafgerichtshof zu stellen? Natürlich nicht!

Du willst mir doch nicht ernsthaft erzählen, daß hier mit gleichem Maßstab gemessen wird. Das kann ich anderen, jüngeren und unwissenden oder uneinsichtigen Leuten abnehmen, nicht aber dir.



Und ja, man hat auch oft vor dem großen mächtigen Verbündeten gekniffen, ganz genauso, wie man heute vor dem großen Gaslieferanten kneift.
Das ist die hässliche Seite der Realpolitik.

Aber bei dieser Gaspolitik hat sich all die Jahre niemand beschwert. Richtig, Realpolitik.

Und ich sage es nochmal. Sanktionen sollten zielgerichtet sein und nicht aus purem Aktionismus bestehen. Wenn man sinnlos gleich alles in die Wagschale wirft, ist man nur noch Zuschauer.
Putins Munition für diesen Krieg haben wir (auch du und ich) längst finanziert. Wenn wir also heute den Gashahn abdrehen, gehen ihm nicht morgen und nicht in einer Woche und auch nicht in einem Monat die Granaten aus.